Daß die Materie aus Atomen und Molekülen aufgebaut ist, ist schon weit in unser Bewußtsein vorgedrungen. Aufnahmen mit Hilfe von Tunnelmikroskopen machen diesen ,,körnigen Aufbau`` der Materie sogar direkt bildlich wahrnehmbar. Die Welt der Atome und Moleküle, die etwa eine Million mal kleiner sind als die Strukturen, die wir direkt sehen und fühlen können, ist die ,,Nanowelt``. Ihrer bemächtigt sich heute auch die Technik in zunehmendem Maße. Dieses Buch handelt von Strukturen jenseits der Nanowelt, von Leptonen, Quarks und Eichbosonen. Leptonen und Quarks sind die kleinsten Bausteine der Atome, zusammengehalten wird dieses Innerste der Welt von den Eichbosonen.

Um die Eigenschaften dieser Teilchen zu untersuchen, braucht man ,,Mikroskope``, die um mindestens eine millionmal stärker vergrößern als die Tunnelmikroskope. Dies können die großen Beschleuniger, wie sie seit der Mitte des 20. Jahrhunderts gebaut werden. Die theoretischen Konzepte, die im ersten Drittel des vorigen Jahrhunderts zur Erklärung der Physik der Atome entwickelt wurden, reichen jedoch aus, um auch die Strukturen jenseits der Nanowelt zu erklären.

Das Buch ist zwar historisch aufgebaut, versucht aber eher eine Ideengeschichte als eine Tatsachengeschichte zu vermitteln. Prioritätsfragen interessieren weniger als die Entwicklung der grundlegenden Gedanken und das Zusammenspiel von Experiment und Theorie. Natürlich lassen sich bei einer solchen Darstellung persönliche Ansichten des Autors nicht ausblenden. Sollte ein Spezialist der Elementarteilchenphysik in dieses Buch schauen, so hoffe ich zwar, daß er nichts findet, was er für falsch hält, aber ich bin sicher, daß er die Gebiete, auf denen er sich besonders gut auskennt, als viel zu stiefmütterlich behandelt ansieht. Ich habe versucht, einigen wirklich grundlegenden Konzepten einen verhältnismäßig breiten Raum einzuräumen, andere Gebiete dagegen - auch wenn sie in der Entwicklung eine entscheidende Rolle spielten - werden dagegen oft nur recht kurz behandelt; dies trifft besonders zu, wenn solche Gebiete nur schwer zu vermitteln sind.

Ich wende mich an allgemein naturwissenschaftlich interessierte Leserinnen und Leser und versuche, den Stoff so verständlich wie nur irgend möglich darzustellen. Die moderne Physik hat wie vielleicht keine andere Wissenschaft gezeigt, wie der menschliche Verstand die durch die Alltagserfahrung bestimmten Grenzen unserer Anschauung überwinden kann und wie er ordnend erklären kann, was wir durch die kaum vorstellbare Erweiterung unserer möglichen Erfahrung an Wissen sammeln. Dies wäre ohne die Mathematik nicht möglich, und daher spielt sie eine wesentliche Rolle, wenn man das spezifisch Neue der Teilchenphysik erfassen will. Dennoch verzichte ich weitgehend auf Formeln, versuche aber, komplexere mathematische Zusammenhänge in Worten zumindest anzudeuten, auch wenn dies manchmal zu Verzerrungen und halbwahren Formulierungen führen mag. Dies gilt besonders für die Abschnitte 1.4 und 1.5. Ein Anhang mit (einfachen) Formeln und Rechnungen ist auf der homepage des Buches zu finden: http://www.thphys.uni-heidelberg.de/~dosch/transnano

Ein unentbehrlicher Leitfaden durch das Labyrinth der Geschichte war mir das Buch ,,Inward Bound`` von Abraham Pais, der selbst ein Hauptakteur der Geschichte der Elementarteilchenphysik war; sein Buch behandelt die Zeit von etwa 1890-1990.

Manche Einzelheit verdanke ich den historischen Übersichtsartikeln, die andere aktiv arbeitende Physikerinnen und Physiker verfaßt haben, mein grundlegendes Material sind aber die Originalarbeiten, die in den Fachzeitschriften publiziert sind.

Ich gebe, neben den Quellen für die Abbildungen, nur wenige Bücher und Übersichtsartikel an, ein ausführliches Verzeichnis der Originalliteratur ist auf der oben erwähnten homepage zu finden.

Ich bin vielen Kolleginnen und Kollegen für zahlreiche Diskussionen zu Dank verpflichtet, mein besonders herzlicher Dank für wertvolle Hinweise gilt Prof. Dr. W. Beiglböck, I. Köser, Prof. Dr. B. Lohff und einem mir unbekannten Referenten.




Heidelberg, im August 2004 Hans Günter Dosch


Hans-Guenter Dosch
2004-11-21